Meet me in Ireland – Kapitel 21

Orlas Lippen prickelten noch von seinem intensiven Kuss im Sturm, als sie in das kleine Cottage trat. Als sie sich umschaute, war sie sofort bezaubert. Es sah aus wie sich vermutlich jeder Tourist ein irisches Cottage an der Steilküste vorstellte.

Die Decken waren niedrig, es gab nur zwei Räume, alles war vollgestellt mit gemütlichen Möbeln. Im Kamin prasselte ein Feuer und es roch sogar gemütlich.

Old Mike stand in der winzigen Küche, Diarmuid saß auf einem der Sessel am Feuer und schaute ihnen unruhig entgegen. Sein Blick sprang zwischen ihr und Ronan hin und her. Anscheinend machte er sich Sorgen.

Orla nickte ihm beruhigend zu. „Alles in Ordnung“, sagte sie leise und Diarmuid entspannte sich sichtlich.

Diese Reaktion berührte sie. Er war ihr ans Herz gewachsen, genau wie die anderen Jugendlichen. Aber da Ronan eine so besondere Bindung zu Diarmuid hatte, mochte sie ihn noch ein wenig lieber als die anderen.

„Nimm den beiden mal ihre Jacken ab, Junge“, sagte Mike.

Sofort erhob Diarmuid sich und Orla schlüpfte aus ihrer total durchnässten Jacke. Der Regen musste auch von unten gekommen sein. Das irische Wetter war schon sonderbar.

„Setz dich an den Kamin, Mädchen, und wärm dich auf. Ronan, hilf mir bitte beim Tee.“

Ronan drückte noch einmal Orlas Hand, bevor er sich an ihr vorbeidrängte und in die Küche ging. Sie hatte das Gefühl zu schweben. Das hier war Wirklichkeit. Sie würde in Emerald Cliffs bleiben und nicht nach Dublin zurückkehren. Ronan wollte sie und konnte sich eine Zukunft mit ihr vorstellen.

Sie legte eine Hand auf ihren Bauch und atmete tief durch, um sich zu beruhigen.

Wie gut, dass sie durch den Sturm hierher gelaufen war. Obwohl das eine Erfahrung war, die sie nicht unbedingt wiederholen musste. Doch für Ronan würde sie durch jeden Sturm laufen.

Sie setzte sich vor den Kamin und streckte die kalten Hände zum Feuer aus. Eine angenehme Wärme umfing sie.

Diarmuid setzte sich auf den anderen Sessel. Sie spürte, dass er was sagen wollte, aber sich nicht traute.

„Du hast also Mike geholfen?“, fragte sie als er nicht sprach.

Diarmuid nickte.

„Das war sehr nett von dir.“

Diarmuid schwieg und schaute sie abwartend an. Als Orla nichts mehr sagte, runzelte er die Stirn.

Liebevoll schaute sie ihn an. „Du wartest auf das Aber, oder?“

Er nickte. „Ihr Erwachsenen habt doch immer ein Aber.“

Das brachte Orla zum Lächeln. „Ich glaube, das kann ich mir dieses Mal sparen. Du weißt selbst, wie gefährlich das war und vermutlich ist dir auch klar, dass wir uns Sorgen gemacht haben. Aber dir war Mike und seine Sicherheit wichtiger und das zeugt davon, was für ein großes Herz du hast. Außerdem bist du langsam in dem Alter, dass du deine eigenen Entscheidungen treffen kannst.“

So wie ich auch, fügte sie in Gedanken hinzu und schaute zu Ronan hinüber, der mit Mike in der Küche stand. Der sagte gerade etwas zu ihm und Ronan hörte aufmerksam zu. Seine Körpersprache wirkte wie die von Diarmuid, so als ob er gerade eine Lektion in Lebensweisheiten bekam.

Sie schaute wieder zu dem Jungen, der auf dem anderen Sessel saß und sie mit offenem Mund anschaute. Orla vermutete, dass so etwas noch nie jemand zu ihm gesagt hatte.

Schließlich hob er nur die Schultern, aber sie konnte den erleichterten und fast ein wenig stolzen Ausdruck auf seinem Gesicht sehen. „Mike hat schon bei Marion angerufen. Alle wissen bescheid, dass wir hier sind“, sagte er und wies auf ein Telefon, das bestimmt noch aus den Siebzigern stammen musste.

Orla lächelte und rieb sich die Hände, die langsam auftauten. „Das ist gut. Danke.“

Diarmuid kaute auf der Lippe. „Ich habe das richtige Holz gefunden“, sagte er. „Eben im Sturm. Es ist perfekt.“

Es dauerte einen Moment, bis Orla begriff, worüber er sprach. „Das freut mich sehr. Ich kann es kaum erwarten, dass du es einbaust. Deine Skulptur ist jetzt schon faszinierend.“

Diarmuid runzelte die Stirn. „Warum?“

Orla überlegte. „Sie macht etwas mit mir. Irgendwie öffnet sie mein Herz ein bisschen und gleichzeitig fühle ich mich geborgen.“

Diarmuid lehnte sich zurück, antwortete darauf aber nicht. Vermutlich musste er diese Worte erst einmal sacken lassen.

Mike klopfte Ronan auf die Schulter und nickte ihm dann wohlwollend zu. Er nahm seinen Stock und schlurfte ins Wohnzimmer. Ronan folgte mit zwei Teetassen, aus denen es dampfte.

Unwillkürlich setzte Orla sich etwas aufrechter hin. Aus Ronans Erzählungen, wenn sie nachts im Bett noch geredet hatten, wusste sie, dass Mike ihm als Mentor viel bedeutete und dass er für ihn wie ein Vaterersatz war.

Irgendwie kam es ihr vor, als würde sie gerade Ronans Eltern vorgestellt werden.

Diarmuid stand auf, damit Mike sich setzen konnte und Orla fragte sich, wo der Junge diese guten Manieren gelernt hatte. Aber sie war auch ein wenig stolz auf ihn.

Ronan stellte die Tasse neben Orla ab, beugte sich zu ihr und küsste sie aufs Haar. Es war eine so liebevolle Geste, dass ihr der Atem wegblieb.

Mikes Augen funkelten und er lehnte sich mit einem Ächzen zurück. „Orla, Mädchen, endlich habe ich Gelegenheit, mich bei dir zu bedanken.“

Eine heftige Windböe prallte gegen das Haus und das Feuer im Kamin flackerte. Doch Orla hatte keine Angst. Dieses Cottage hatte schon vielen Stürmen getrotzt, hier fühlte sie sich vollkommen geborgen, obwohl dort draußen die Naturgewalten tobten.

Sie runzelte die Stirn. „Aber ich habe doch gar nichts gemacht.“

Mike lächelte verschmitzt, dann wanderte sein Blick zu Ronan, der für sich und Diarmuid jeweils einen Stuhl vom Esstisch rangezogen hatte.

„Du hast viel mehr getan, als du vielleicht jemals ahnen wirst.“

Orla warf Ronan einen Blick zu, der sie fast ein bisschen verlegen anlächelte. „Darf ich fragen, was das ist?“

Mike seufzte und klang zufrieden. „Du hast Ronan endlich wieder gezeigt, was das Leben lebenswert macht. Darauf habe ich schon lange gewartet.“ Er stieß Ronan mit seinem Stock an. „Hat gar nicht mehr gelächelt in den letzten Jahren der Junge. Und seit du da bist, kann er nicht mehr damit aufhören.“

Orlas Hals wurde eng. Das mit dem Lächeln hatte sie auch schon beobachtet und jedes Mal ging ihr Herz auf, wenn sie es sah. „Gern geschehen“, sagte sie leise.

Mike blickte sie forschend an. „Ronan hat mir gesagt, dass du hierbleiben willst?“

Orla nickte. „Ich glaube, ich habe mich nicht nur in Ronan sondern in den gesamten Ort verliebt.“

Ronan nahm ihre Hand und küsste ihre Finger. Sie fühlte, dass ihre Worte ihn berührten und auf einmal wurde ihr klar, dass sie ihm gerade vor den beiden anderen gestanden hatte, dass sie in ihn verliebt war. Und vielleicht war es sogar schon ein bisschen mehr als nur verliebt Sein.

Mike seufzte. „Wunderbar, eine Sorge weniger und ein Bewohner mehr in Emerald Cliffs.“ Er schaute Diarmuid an. „Was mich zu dir bringt.“

Diarmuid hob die Augenbrauen. „Zu mir? Was habe ich denn mit den beiden zu tun.“

Mike fuhr sich über den weißen Bart. „Ronan und ich haben einen Vorschlag für dich und damit könntest du der zweite neue Bewohner von Emerald Cliffs werden.“

Überrascht schaute Orla den alten Mann an. Was meinte er damit? Ihr Blick wanderte zu Ronan, der zufrieden lächelte. Er drückte ihre Hand und sie verschlang ihre Finger mit seinen.

„Was meinen Sie damit?“, fragte Diarmuid.

„Du hast doch erzählt, dass du die Schule gerade abgeschlossen hast.“

Diarmuid senkte den Kopf. „Aber es ist nur ein Junior Certificate und meine Noten waren nicht gut.“

Mike winkte ab. „Deine Noten sind mir gleich, solange du schreiben, lesen und ein wenig rechnen kannst. Du hast das Herz auf dem rechten Fleck und bist geschickt mit deinen Händen. Das ist es, was für eine Ausbildung bei Ronan zählt.“

Als Orla begriff, was Mike gerade gesagt hatte, schlug ihr Herz schneller. Diarmuid sollte eine Ausbildung bei Ronan machen? Das war perfekt. Für beide Seiten. 

Denn auch wenn sie Ronan vielleicht zum Lächeln gebracht hatte, so war es Diarmuid, der Ronan dazu gebracht hatte, sich klarzuwerden, was für ein außerordentlicher Künstler er war und was er der Welt damit alles geben konnte.

Diarmuid starrte Mike mit offenem Mund an, sagte aber nichts.

Der Wind rüttelte wieder heftig am Haus und das Feuer knisterte, ansonsten war es ganz still.

„Natürlich nur, wenn du willst. Du müsstest dann hierher ziehen und vermutlich wird es ein wenig langweiliger als in Dublin.“ Mike hob die Schultern.

„Hier ist es nicht langweilig“, sagte Diarmuid schnell. „Überhaupt nicht.“

Orla lächelte ihn an. „Ich fände das eine großartige Lösung.“

Diarmuid sackte in sich zusammen, als ihm klar zu werden schien, was gerade passiert war. Ein Leuchten breitete sich auf seinem Gesicht aus. „Ist das wirklich wahr?“, fragte er Mike und schaute dann zu Ronan.

Der nickte. „Ich würde mich sehr freuen, mit dir zusammenzuarbeiten. Und ich finde, dass du genauso gut nach Emerald Cliffs passt, wie Orla.“ Er strich mit dem Daumen über ihre Hand.

Diarmuid hob den Kopf und zum ersten Mal, seit er hier war, lächelte er. Es war ein echtes Lächeln voller Freude und Aufregung, wie Jugendliche in dem Alter es öfter zeigen sollten.

Orla war, als ob ihr Herz gleich platzen würde. Nie hätte sie gedacht, dass sie in diesem kleinen Ort auf den Klippen einmal so glücklich werden würde.

Sie lehnte sich an Ronan und fragte sich, welche wunderbaren Überraschungen Emerald Cliffs und seine Bewohner für sie noch bereithielten.

Hier geht es weiter mit dem Epilog!

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4 Gedanken zu „Meet me in Ireland – Kapitel 21“

  1. Liebe Julia,
    das war wieder mal ein super Roman. Voller Spannung und Liebe.
    Ich freue mich schon auf Band 2, wenn Liam seine große Liebe findet.
    Liebe Grüße Angelika

  2. Liebe Julia,
    Du schreibst immer super spannend. Das Buch war wieder sehr spannend und mit viel Liebe. Ich freue mich schon auf Band 2, wenn Liam seine große Liebe findet.
    Liebe Grüße Angelika

  3. Liebe Julia,
    vielen Dank für die schönen Stunden die Du mir mit Deinen Geschichten schenkst.
    Es macht soviel Spass und Freude Sie zu lesen.
    Ich freue mich jetzt schon auf weitere Bücher von Dir.
    Liebe Grüße
    Ulrike

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